Fakten statt Fiktion: 5 Mythen über Rückenschmerzen
Rückenschmerzen zählen zur Volkskrankheit Nummer 1 und sind in Deutschland der zweithäufigste Grund für Krankschreibungen. So geben etwa 80% der Deutschen an, dass sie mindestens einmal pro Jahr unter Rückenbeschwerden leiden. Bei wiederum 85% der Patient*innen handelt es sich dabei um unspezifische Schmerzen, das heißt: die Ursache bleibt unklar. Mediziner*innen suchen nach Gleitwirbel, Bandscheibenvorfall oder Spinalkanalstenose – ohne Erfolg.
Doch woran liegt das? Tatsächlich ist der wahre Grund für die meisten Rückenbeschwerden auf Röntgen- und MRT Bildern nicht sichtbar. Die häufigste Ursache sind nämlich Verspannungen der Muskulatur und Faszien. Da Leidtragende den Ursprung ihrer Beschwerden meist nicht kennen, können sie sich auch nicht „rückenfreundlich“ verhalten. Und verglichen mit anderen Berufszweigen ist die körperliche Belastung in Sozial- und Gesundheitsberufen zudem besonders hoch.
Wer hat sie also noch nicht gehört? Die unzähligen gut gemeinten Ratschläge von Bekannten und Verwandten – schließlich hatte ja jede*r schon mal „Rücken“.
Damit du falschen Annahmen und Tipps von selbst ernannten Rückenexpert*innen zukünftig nicht auf mehr den Leim gehst, haben wir für dich fünf hartnäckige Mythen rundum das Thema Rückengesundheit zusammengefasst.
1. Rückenbeschwerden kommen erst im Alter
Wirbelsäulenprobleme oder muskulär bedingte Schmerzen sind keinesfalls eine Alterserscheinung und treten heutzutage auch vermehrt bei Kindern und Jugendlichen auf. Das ist besonders auf die veränderte Lebensweise zurückzuführen. Die sogenannte „Heads Down“ (Kopf nach unten) Generation verbringt einen großen Teil ihrer Zeit vor dem Smartphone oder Tablet.
Durch die unergonomische Haltung, bestehend aus gesenktem Kopf und gekrümmten Rücken, kommt es heute bereits im Kindesalter zu Haltungsschäden. Weitere Ursachen sind unter anderem Bewegungsmangel, Übergewicht und starke körperliche und psychische Belastungen. Kein Wunder also, dass Umfragen und Langzeitstudien zum Thema Rückenbeschwerden bereits junge Menschen ab dem 14. Lebensjahr einbeziehen. In allen Altersgruppen profitiert der Rücken von einem körperlich aktiven Lebensstil.
2. Schonen ist die beste Medizin
Falsch! Bewegung heilt. Um genau zu ein: Bewegungsmangel gilt sogar als einer der Hauptgründe für Rückenschmerzen. Auch in akuten Schmerzperioden sollte die Ruhephase nicht zu lange andauern. Stattdessen empfehlen Spezialist*innen aus Ortho- und Ostheopadie sich leicht zu bewegen und Heilgymnastik wahrzunehmen.
Viele Patient*innen haben allerdings Angst beim Bewegen etwas „kaputt“ oder noch schlimmer zu machen, und verharren daher in einer „Schonhaltung“, die schnell zur Fehlhaltung wird.
Dabei ist der Rücken dafür ausgelegt sich zu bewegen und zwar in alle Richtungen. Vermeide daher eine Schonhaltung und bekämpfe die Verspannungen mit gezielten Übungen und ausreichend Mobilisation.
3. Harte Matratzen sind Freunde des Rückens
Rund ein Drittel unseres Lebens verbringen wir im Bett. Und das ist auch gut so! Denn gesunder Schlaf ist elementar wichtig, wenn es um das Aufladen des Körper-Akkus geht. Wachst du morgens jedoch mit Verspannungen auf und fühlst dich wie „gerädert“, ist es ein Zeichen dafür, dass dich die falsche Matratze um deine erholsame Nachtruhe bringt.
Welche Matratzen sind bei Rückenbeschwerden empfehlenswert? Eine der wichtigsten Aspekte ist die Förderung einer guten Haltung im Schlaf.
Auf zu harten Matratzen kann der Körper nicht genügend einsinken, der Rücken verspannt sich und die Schmerzen verschlimmern sich. Zu weiche Matratzen wiederum unterstützen den Körper zu wenig. In beiden Fällen liegt die Wirbelsäule nicht in ihrer natürlichen Form. Der Körper soll nämlich so einsinken, dass die Wirbelsäule möglichst gerade ist.
Am besten eignen sich daher Matratzen mit mittlerem Härtegrad, die sich an die natürliche Krümmung der Wirbelsäule anpassen.
Prinzipiell gilt: Je geringer das Gewicht, desto weicher die Matratze. Beim Kauf solltest du jedenfalls nicht auf eine individuelle Beratung sowie Probeliegen verzichten.
4. Vom Sitzen bekommt man Rücken
Es ist wahr: Der Rücken ist für das viele Sitzen nicht geschaffen. Allerdings steckt der Teufel auch hier im Detail. Es ist nämlich nicht die eine falsche Sitzposition, sondern das lange Zeit starr in einer Haltung verbringen. Gesundes Sitzen bedeutet also möglichst oft Haltung und Sitzposition zu wechseln.
Rücke also auf dem Stuhl ruhig mal nach vorne, lehn dich zurück, strecke und räkle dich, schüttle Arme und Beine aus und steh zwischendurch immer wieder auf, um dir die Beine zu vertreten. Jede kleine Bewegungspause fördert den Stoffwechsel und beugt Verspannungen vor. Das gilt übrigens nicht nur für den Schreibtisch sondern auch für deine Couch. Auch da gilt: Sitz- und Liegeroutinen durchbrechen. Denn nur wer sich regelmäßig bewegt fühlt sich wohl und kann etwas bewegen!
5. Ab auf den OP-Tisch
Auch wenn die Aufklärung zugenommen hat und viele wissen, dass vorschnell operiert wird – die Operationszahlen bewegen sich in Deutschland nach wie vor nicht nach unten.
Laut Barmer Krankenkasse landen pro Jahr 780.000 Patient*innen auf dem OP-Tisch. Vor 10 Jahren waren es nur halb so viele. Erschreckend dabei? Laut Techniker Krankenkasse sind acht von zehn Rücken-Operationen völlig überflüssig.
Das ergibt die Auswertung des TK-Projektes „Zweitmeinung vor Wirbelsäulen-Operationen“, bei dem sich TK-Versicherte vor einem geplanten Eingriff kostenlos eine professionelle zweite Meinung einholen können. In 90% der Fälle rieten die Spezialist*innen der Schmerzzentren von der Operation ab und empfahlen stattdessen eine konservative Behandlung, wie z.B. Krankengymnastik.
Unser Tipp: Bei planbaren Rücken-Operationen hast du einen gesetzlichen Anspruch auf eine Zweitmeinung. Gehe also immer auf Nummer sicher und hol dir vor einem Eingriff unbedingt ein ärztliches Zweitgutachten ein. Viele deutsche Krankenkassen bieten diesen Service kostenlos an. Nachfragen lohnt sich!