Eingliederungshilfe – was ist das eigentlich?

Eingliederungshilfe
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Im ersten Teil unseres Newsbeitrags zum Thema Eingliederungshilfe lest Ihr, was Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung überhaupt ist, welche Aufgaben zur Eingliederungshilfe gehören und wie die Leistungsbeantragung funktioniert.

Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung – die Kurzfassung

Die Eingliederungshilfe ist eine gesetzliche Leistung für Menschen mit Behinderung, die Unterstützung in verschiedenen Bereichen bieten soll, damit die Betroffenen sowohl gleichberechtigt als auch selbstbestimmt an allen Aspekten des gesellschaftlichen Lebens teilhaben können – dazu zählen u. a. die Bereiche der Bildung, Beruf und Freizeit.

Die Leistungen der Eingliederungshilfe sollen Menschen mit Behinderungen ermöglichen, so zu leben wie Menschen ohne Behinderung. Sie sollen beispielsweise frei entscheiden können, wo sie leben oder arbeiten wollen. Leistungen der Eingliederungshilfe können zusätzlich zu anderen möglichen Pflegeleistungen in Anspruch genommen werden, die Menschen mit Behinderung bereits beziehen.

Die Eingliederungshilfe ist eine Leistung für Menschen mit einer wesentlichen Behinderung, – also Menschen mit körperlicher, seelischer, geistiger Behinderung oder Sinnesbeeinträchtigungen – die Unterstützung beim gesellschaftlichen Leben benötigen. Eingliederungshilfe können jedoch auch Menschen beantragen, die sehr wahrscheinlich bald eine Behinderung haben werden.

Selbstbestimmung durch das Wunsch- und Wahlrecht

Das Wunsch- und Wahlrecht der Eingliederungshilfe besagt, dass Menschen mit Behinderung das Recht haben mitzubestimmen, welche Leistungen sie bekommen wollen. Es greift immer dann, wenn ein Anspruch auf Eingliederungshilfe-Leistungen besteht, jedoch mehrere geeignete Alternativen infrage kommen. Den Wünschen der Leistungsberechtigten muss so gut wie möglich nachgegangen werden. Zunächst werden aber die Kosten der möglichen Leistungen verglichen: Sollte die gewünschte Leistung unverhältnismäßig teuer sein, wird sie nicht berücksichtigt.

Aufgaben der Eingliederungshilfe

Die wesentlichen Aufgaben und Ziele der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen sind u. a.:

  • der Würde des Menschen entsprechend die Ermöglichung einer individuellen Lebensführung
  • die Förderung der gleichberechtigten Teilhabe, um Menschen mit Behinderung das Leben in der Gesellschaft zu erleichtern oder zu ermöglichen
  • die Befähigung dazu, möglichst selbstbestimmt zu leben sowie die Ausübung eines angemessenen Berufes (z. B. in einer anerkannten Werkstatt)
  • eine Behinderung oder deren Folgen zu mildern sowie eine drohende Behinderung zu verhindern

Diese Maßnahmen der Eingliederungshilfe des Bundesteilhabegesetzes sind so lange zu gewährleisten, bis die Ziele letztlich erfüllt werden oder die Aussicht besteht, dass sie erfüllt werden können. Das heißt: In einigen Fällen wird ein lebenslanger Anspruch auf Eingliederungshilfe bestehen.

Antragstellung und Leistungsformen der Eingliederungshilfe

Laut den Änderungen der Eingliederungshilfe vom 1. Januar 2020 müssen Menschen mit Behinderung mit Anspruch auf Eingliederungshilfe einen entsprechenden Antrag stellen. Auf dessen Grundlage wird der individuelle Bedarf ermittelt – also alles, was der oder die Antragsteller*in benötigt, um gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Zur Orientierung bei der Ermittlung gilt die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF), die eine einheitliche Erfassung der körperlichen, psychischen und sozialen Auswirkungen einer Behinderung gewährleisten soll.

Man kann Eingliederungshilfe als Geld-, Sach- oder Dienstleistung beziehen. Unter einer Geldleistung versteht man ein persönliches Budget, das auf das Konto überwiesen wird. Hingegen sind Sachleistungen u. a. Hilfsmittel wie Hörgeräte, Reha-Sport, Assistenzen für Arbeit und Schule. Dienstleistungen umfassen kostenlose Beratungen und jede andere Form der Unterstützung, die die Eingliederungshilfe bietet – das kann schon bei der Antragstellung der Fall sein.

Kostenbeteiligung nach Vermögen und Einkommen

Die Leistungen der Eingliederungshilfe sind abhängig vom Einkommen und dem Vermögen des oder der Antragssteller*in. Bei minderjährigen Leistungsberechtigten, die mit den Eltern bzw. einem Elternteil in einem Haushalt leben, wird nach wie vor auf das Einkommen und Vermögen der Erziehungsberechtigten abgestellt.

Welche Leistungen der Eingliederungshilfe sind kostenlos?

Die sogenannten privilegierten Leistungen der Eingliederungshilfe sind kostenfrei. Darunter fallen insbesondere die folgenden Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben:

  1. heilpädagogische Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind (Leistungen der Frühförderung)
  2. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
  3. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
  4. Leistungen zur Teilhabe an Bildung
  5. Leistungen zur schulischen oder hochschulischen Aus- oder Weiterbildung für einen Beruf
  6. Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, soweit diese der Vorbereitung auf die Teilhabe am Arbeitsleben dienen

Darüber hinaus sind die Leistungen der Eingliederungshilfe immer dann kostenfrei, wenn der Mensch mit Behinderung existenzsichernde Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz bezieht, z. B. Leistungen der Grundsicherung wegen Erwerbsminderung. Andere existenzsichernde Leistungen können u. a. Kosten für Ernährung, Kleidung, Hausrat und Wohnkosten inklusive Heiz- und Nebenkosten sein.

Jobs in der Eingliederungshilfe: von Altenpfleger*innen bis Erzieher*innen

Um Menschen mit Behinderung die Teilhabe am Arbeitsleben zu gewährleisten, gibt es verschiedene Jobmöglichkeiten, die innerhalb der Eingliederungshilfe angeboten werden. Dabei handelt es sich bei Weitem nicht mehr nur um einen Arbeitsplatz in einer anerkannten Werkstatt für Menschen mit Behinderung, sondern auch um Tätigkeiten in anderen Bereichen wie Wohnheimen, Teilhabezentren, Tagesförderstätten, ambulanten Wohnformen oder in den eigenen vier Wänden der Klient*innen. Ob zum Beispiel Altenpfleger*in, Pflegeassistent*in oder Erzieher*in: Dieses Arbeitsfeld ist geprägt von der Interdisziplinarität. Fast alle Qualifikationen aus dem sozialen Bereich werden hier anerkannt. Jobs in der Eingliederungshilfe sorgen dafür, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt am Arbeitsmarkt bzw. im Arbeitsleben behandelt werden. In diesen Jobs stehen die Chancengerechtigkeit und das faire Miteinander besonders im Fokus, während gleichzeitig dafür gesorgt wird, dass assistenzbedürftige Personen eine professionelle Begleitung und Versorgung am Arbeitsplatz erhalten.

Fazit zur Eingliederungshilfe – selbstbestimmter leben

Menschen mit Behinderungen oder solchen, denen eine Behinderung droht, profitieren von den Leistungen der Eingliederungshilfe in zahlreichen Bereichen. Sie gewährleisten unter anderem die Inklusion ins gesellschaftliche Leben für Menschen mit Behinderung und ermöglichen den Betroffenen gleichzeitig ein möglichst selbstbestimmtes Leben.

 

Im zweiten Teil unseres Newsbeitrags zum Thema Eingliederungshilfe erfahrt Ihr mehr zu den Besonderheiten der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche.

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