Männer in Kitas – keine Selbstverständlichkeit
Sie leisten tolle Arbeit, bringen neue Ideen und werden trotzdem immer noch mit Vorurteilen konfrontiert – klar, die Rede ist von männlichen Erziehern. Höchste Zeit, mit Vorbehalten aufzuräumen!
Die meisten werden sich nur an Tina, Ute oder Miriam erinnern, wenn sie an ihre Kindergartenzeit zurückdenken. Denn die pädagogischen Kräfte, mit denen sie gespielt, gesungen, gelacht und geweint haben, waren ausschließlich Frauen. Lange Zeit waren männliche Erzieher vor allem eines: inexistent.
Dabei sprach sich bereits der Gründervater der Kindergärten Friedrich Fröbel vor über 150 Jahren für Männer in pädagogischen Berufen aus.
Was hat sich in Kitas und Kindergärten getan?
In den letzten Jahren hat der Anteil an Erziehern immerhin etwas zugenommen.
Gab es 2008 nur 2,4 Prozent Männer in Kitas und Kindergärten, wuchs der Anteil bis 2018 kontinuierlich auf 5,5 Prozent. Dabei gibt es zwischen den Bundesländern große Unterschiede: Die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen sind klare Vorreiter. Hier wird eine von zehn Kita-Stellen an einen Erzieher vergeben. Das eher konservativ geprägte, ländliche Bayern ist mit 3,7 Prozent Männerquote hingegen absolutes Schlusslicht. Keine Frage, insgesamt sind wir in Deutschland immer noch weit entfernt von einer gleichgeschlechtlichen Verteilung.
Dabei gab und gibt es durchaus Bemühungen, an dem Seltenheitswert von männlichen Erziehern zu arbeiten: Die bundesweite Kampagne „Mehr Männer in Kitas“ bemühte sich zum Beispiel von 2011 bis 2013 mit großformatigen Plakaten darum, mehr Männer für dieses Berufsbild zu begeistern.
Männer in Kitas bringen frischen Wind
Denn es gibt einiges, was dafür spricht, dass Kitas keine reine „Frauendomäne“ sein sollten:
Zum einen bringen Männer neue Ideen und Impulse in die Betriebe, weil sie auf andere Weise an Probleme und Aufgabenstellungen herangehen als ihre Kolleginnen.
Zum anderen toben sie mehr mit den Kleinen, spielen andere Spiele, fördern andere Interessen. Sie bringen neue Sichtweisen und Strategien des Schlichtens ein.
Zugegeben: In gewisser Weise sind diese Behauptungen schon ein Griff in die Kiste der Geschlechterklischees. Und doch sind sie nicht ganz an den Haaren herbeigezogen. Die Dresdner Tandem-Studie von 2014 belegte tatsächlich, dass Männer andere Schwerpunkte setzen. Und sie belegte darüber hinaus, dass männliche und weibliche Kräfte gleichermaßen einfühlsam sind. Klare Sache also, oder?
Männliche Erzieher unter Generalverdacht
Leider nicht ganz. Denn in einigen Köpfen schwirren auch heute noch negative Vorurteile umher, die sich ausschließlich gegen männliche Erzieher richten.
Zwar sagten in einer Studie nur 5 Prozent der Eltern, dass sie ernsthaft skeptisch gegenüber männlichen Kollegen seien. Auf der anderen Seite gaben in einer anderen Umfrage mehr als 15 Prozent der befragten Erwachsenen an, schon einmal an die Gefahr eines Missbrauchs gedacht zu haben. Dabei wissen die meisten, dass solche Vorfälle seltene, wenngleich tragische, Ausnahmen sind. Und selbstverständlich können auch Erzieherinnen gewalttätig werden.
Gibt man sein Kind in eine Einrichtung, muss man letzten Endes immer darauf vertrauen, dass es dort in guten Händen ist, dass es beschützt und keiner Gefahr ausgesetzt wird. Männlichen Erziehern wird dieses Vertrauen allerdings manchmal, direkt oder indirekt, verwehrt.
Da ist beispielsweise die Mutter, die nicht will, dass ein Erzieher ihre Kleine wickelt. Oder die Kita-Leitung spricht gleich ein generelles Wickelverbot für männliche Kollegen aus. Kaum besser die Variante, darum zu bitten, dabei die Tür offen stehen zu lassen. Manche Führungskräfte schreiben sogar vor, engen Körperkontakt zu vermeiden.
Kein Wunder, dass solche Erlebnisse oder Maßnahmen Erzieher verunsichern können. Um nicht dem kleinsten Hauch eines Verdachts ausgeliefert zu sein, überlassen sie das Kuscheln ihren Kolleginnen und trösten so gut es eben geht mit Körperabstand. Das ist nicht nur schade, sondern traurig und ungerecht.
Männer in Kitas als Vorbilder
Denn Männer, die sich für den Beruf des Erziehers entscheiden, gehen ihrem Job meist mit viel Leidenschaft und Engagement nach – gerade weil sie schon im Vorfeld womöglich mit Vorurteilen konfrontiert oder von manchen belächelt werden. Damit sie ihre Aufgaben genauso gut erledigen können wie ihre Kolleginnen, darf es in den Einrichtungen keine Barrieren oder Einschränkungen geben. Gerade kleine Kinder bauen Zuneigung und Vertrauen auch durch körperliche Nähe, durch Umarmungen und Streicheleinheiten auf.
Werden Erzieher daran gehindert, können sie nur schwer dieselbe Rolle ausfüllen wie ihre Kolleginnen. Und haben somit nicht die gleiche Chance, Vorbild für die Kleinsten zu sein.
Dabei ist dies vielleicht das wichtigste Argument, weshalb wir uns alle über Dominik, Christian und Timo in der Kita freuen sollten: Sie können unseren Kindern zeigen, dass Männer und Frauen dieselben Berufe und damit auch dieselben Aufgaben ausüben können. Und das bedeutet eben nicht nur, dass Frauen im Vorstand sitzen können, sondern dass Männer auch hauptberuflich pflegen, erziehen, trösten und zuhören können.
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